Sonntag, 9. Oktober 2011

Fragmentierung Part 1

Fragmentierung

Eine Geschichte von Benjamin Huck.

Fragment 1
All hope is gone

„Hast du das auch vorhin in den Lokalnachrichten gehört? Die haben diese Dreckschweine vorgestern Nachmittag tatsächlich freigesprochen, obwohl die Vergewaltigung nachgewiesen wurde! Das arme Ding, die war erst Anfang zwanzig, man erzählt sich sie hatte noch nicht einmal einen Freund gehabt in ihrem Leben! Und das nur weil sie in einem anderen Bundesstaat unbedingt Au-Pair machen wollte...du sagst gar nichts Nate, hörst du mir überhaupt zu?!“
„Ja, Schatz. Du weißt doch ich bin unterwegs und die Strecke ist zur Winterzeit einfach gefährlich zu fahren...“
Nate hatte schon am ersten Tag, als das Autotelefon eingebaut wurde, ein schlechtes Gefühl im Magen gehabt. Mittlerweile, keine drei Wochen später, wusste er nun genau in diesem Moment endgültig, warum.
„Ach ich kann so perverse Menschen einfach nicht verstehen! Das war doch ein Club von reichen einflussreichen Männern im besten Alter! Hätten die nicht einfach ins Bordell gehen können, wo Menschen für ihren Spaß arbeiten? Nein, müssen sich eine junge allein stehende Frau, die dummerweise im Haus von einem dieser Perverslingen wohnt nehmen und missbrauchen...hallo...? Noch da?“
Er unterdrückte seine genervte Stimmlage und antwortete gepresst:
„Ja. ich höre dir zu Schatz. Du bist am Reden, du weißt, dass ich dich nie unterbrechen würde.“
„Das ist auch gut so. Irgendeinen Grund muss es ja geben, dass ich es schon zwei Jahre mit dir aushalte und dich geheiratet habe.“ Er wusste, dass sie ihn nur neckte, aber er war nicht in Stimmung.

„Bestimmt“, entgegnete er trocken „ gibt es mehr als nur diesen Grund. Aber ehrlich gesagt, das passiert doch jeden Tag irgendwo. So hart sich das anhört, aber ich sehe nicht ein, warum ich Energie verschwenden und mich über so etwas aufregen sollte.“
„Nate! Kapierst du nicht? Das war drei Straßen weiter, im Reichenviertel! Das war nicht irgendwo. Direkt hier.Ich meine, die hätten deine jüngere Schwester vergewaltigen können, wenn sie mal wieder mit ihrem Rad zu Besuch kam! Die sind alle wieder auf freiem Fuß!“
„Also Erstens haben doch die zwei fanatischen Brüder schon in den lächerlichen Interviews angekündigt, das sie für Gerechtigkeit sorgen werden, wenn der Staat es nicht tut. Seither kann ich das ohnehin nicht mehr ernst nehmen, das ganze ist zur einzigen peinlichen Reality Show verkommen und hat wichtigeren Themen die Sendezeit geklaut. Da kann einem das Mädchen wirklich leid tun, volle Zustimmung. Aber wie gesagt irgendein Moralapostel, Todesengel, einer der Brüder, korrigiere Beide oder eine Hardcorefeministin wird sich der Männer schon annehmen- und wenn nicht geht die Welt auch nicht von unter. Zweitens zu meiner Schwester, die ist so was von nymphoman unterwegs, die hätte da wahrscheinlich noch mehr Spaß dran als all die Männer zusammen.“
In der Ferne stand am Straßenrand ein kleines Auto im Graben und an der Straße ein aufgestelltes Dreieck. Nate verringerte abrupt die Geschwindigkeit.
„Hast du schon geduscht?“
„Nein“, Nate hörte ihre Unsicherheit, „warum fragst du das?“
„Du kannst ruhig ein Bad nehmen und schon mal ohne mich Essen. So wie es aussieht, ist hier vor mir jemand mit dem Auto liegen geblieben.“
Rina seufzte.
„Aber beeil dich, wenn ich bereits schlafe...“
„Dann morgen unter der Dusche, schon okay. Bis gleich.“
Ryna grummelte etwas, das nach „Scherzkeks“ klang und legte auf.

Fragment 2
The appointement

Der blaue Ford war zum stehen gekommen. Nate öffnete die Fahrertür, zog seine Jacke an. Es war wirklich ein sehr kalter Abend.
Er lief am Warnschild vorbei. Der Wagen vor ihm war ein weißer, in die Jahre gekommener Hyundai, der schon lange keine Waschanlage mehr gesehen hatte.
Ebenso fiel ihm sofort auf, dass das Nummernschild nicht ins Gesamtbild passte. Es war vollkommen sauber, fast wie... neu.
„Die zehn Jahre Sicherheitsfirma haben dich nicht nur körperlich gezeichnet, Nate“, sagte er mit einem Seufzer zu sich selbst.

Letztes Jahr war Nate nach einem komplizierten Oberschenkelhalsbruch vom Dienst ausgeschieden und arbeitete seither in einer Versicherungsagentur hinter einem Schreibtisch. Früher hatte er die „Sesselwärmer“, wie die harten Jungs sie nannten, nur belächelt, jetzt war Nate selber einer geworden.
Es war nicht der geringere Lohn oder dass der neue Job keinen Spaß machte. Er vermisste einfach den Kick, die Spannung, die Konfrontation mit Schwachen die auf Hart machten, und Stärkeren, die sich ihre Felddominanz nicht anmerken ließen, ehe sie mit ihm im Nahkampf waren.
Die Erlaubnis eine Waffe zu führen, die Kooperationen mit der Polizei, das reisen... und überhaupt hatte er Ryna so erst kennengelernt.

Das Auto war leer, aber es brannte das kleine Innenlicht. Zum Glück hatte er eine Taschenlampe in meinem Hosenbund, eine Macke von ihm.
Er leuchtete übers Auto in den Waldrand.
„Ist hier jemand?“
Keine Reaktion. Nate wollte gerade zurück zu meinem Auto laufen als es im Gebüsch raschelte und eine junge Frau zum Vorschein kam.
Er leuchtete sie kurz von unten nach oben an. Sie war fast zwei Köpfe kleiner als er und nicht unansehnlich. Ihre braunen Haare waren leicht gewellt. Sie trug eine Strickmütze und einen dicken roten Mantel, der ihr bis unter die Kniekehlen reichte. Unter dem Mantel sahen hohe Winterstiefel hervor.
„Oh, hallo, sie kommen gerade richtig...“
Nate trat einige Schritte auf sie zu und sie kam ihm einen Schritt entgegen. Die junge Dame war noch recht jung. Wahrscheinlich eine Studentin vom örtlichen College. Und sicher hat sie mit ihrer alten Rostlaube einen Motorschaden, dachte sich Nate während er sie erneut kurz musterte. Sie war sehr hübsch anzusehen. Trotz ihres nicht ebenmäßigen Gesichtes hatte sie eine zierliche Stupsnase und ausdrucksstarke, braune Augen.

Fragment 3
Connection takes place

„Motorschaden, oder wie?“ fragte er und lächelte mitfühlend. Sie erwiderte sein Lächeln und hielt den Augenkontakt aufrecht.
„Wenn ich das wüsste...“, war ihre Antwort. Er überlegte kurz.
„Warum stehst du dann hier draußen im Wald herum?“
Sie sah betreten drein und blickte auf ihre Schuhe.
„Wissen Sie...ich hab keine Heizung im Auto...“
„Wie bitte?! Das ist nicht dein Ernst...kommt mit, setz dich zu mir ins Auto. Wir kriegen das geregelt, aber zunächst musst du dich aufwärmen“, sagte Nate bestimmt.
Die junge Frau wehrte ab.
„Nein, ist schon gut...er kommt bestimmt gleich...irgendwann...“
„...mein Angebot steht, ich steige wieder ein. Aber ich fahre erst davon, wenn ich sehe, dass dieser Jemand eingetroffen ist. Es is spät und wird mit jeder Stunde kälter. Es soll Minus 13 Grad heute Nacht geben!“
Mit diesen Worten lief er kopfschüttelnd zurück zu seinem Auto und stieg ein. Sie stand noch immer an derselben Stelle. Nate schloß die Augen. Seltsame junge Frau, hatte er so unsympathisch auf sie gewirkt? Er sah dass sie ihr Handy aus der Handtasche holte und kurz darauf etwas zu lesen schien. Sie steckte es wieder weg. Er schloss die Augen und seine Finger begannen wie von selbst den Radioknopf zu suchen und finden.
Schreckliche Pop Musik aus den 80ern....weiter...noch schlimmere Dancemusik von heute...weiter...Justin Bieber? Okay schlimmer konnte es nun nicht mehr kommen, also noch EINMAL, weiter...
“ ...sagen sie Detective, hatten sie dass erwartet?“ Ein Interview. Klang schon mal interessant. „Wir haben nicht damit gerechnet, dass die Antwort der Rächer eintreffen würde und schon gar nicht so schnell. Die erste Tote ist bereits in ersten der Nacht des kollektiven Freispruches durch eine Autobombe in die Luft gejagt worden. Die Überreste des Autos standen nahe eines Waldweges. Die zweite Leiche wurde gestern Mittag im East River gefunden. Wir gehen davon aus, dass dieser Mensch wenig später seinen Tod fand, er wurde erwürgt. Und dieser dritte Fall heute Mittag in den abgeernteten Feldern erinnert an ein Kriegsschauplatz.. Eine Hächslermaschine... reden wir erst gar nicht darüber. Der Täter schien den Schlüssel dafür gehabt und wieder mitgenommen zu haben. Wir gehen davon aus, dass dieser Kerl sich weiter durch die Liste morden werden wird, bis alle tot sind oder wir ihn finden. Ehrlich die Männer interessieren mich nicht, es soll nur kein Unschuldiger in die Situation verwickelt werden.“
„O-okay, vielen Dank, das war Detective Mad Misere zum aktuellen Fall „Akte: Racheengel“ wir sind Radio Sound`s great und halten euch auf dem laufenden, also bleibt dran!“
Das war also der Fall, von dem Ryna gesprochen hatte. Nate atmete tief durch. Er musste die Frau von der Straße holen. Wenn ihr hier einer dieser verrückten Brüder, die er stark dieser Taten verdächtigte, über den Weg fahren würde...nicht auszudenken. Er öffnete die Augen und erstarrte. Sie stand nicht mehr da.

Fortsetzung folgt...

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